Wir sollten nicht die letzten Zahlmeister sein

Gastbeitrag von Bernd Kölmel, ehemaliger Abgeordneter des Europäischen Parlaments

Statt als reicher Onkel 500 Milliarden Euro für den Süden der Eurozone zu zahlen sollte den Steuerzahlern in Deutschland für ein Jahr die Lohn- und Einkommensteuer erlassen werden.

Die meisten Bürger in der Eurozone haben es zwar vergessen, aber nach den Maastricht-Kriterien dürfte jeder Staat der Eurozone maximal 60 Prozent Schulden bezogen auf sein Bruttosozialprodukt machen. Ende 2019 hatte die Hälfte der 19 Mitgliedsstaaten einen darüber liegenden Verschuldungsgrad. Von den wirtschaftlich bedeutsamen Staaten der Eurozone blieb nur Deutschland unterhalb der Schwelle. Negative Spitzenreiter sind Griechenland mit 177 Prozent und Italien mit 135 Prozent Verschuldungsgrad.

Daraus folgt, dass die relative Stabilität des Euro nur durch die finanzpolitische Solidität Deutschlands aufrechterhalten wird. Anders ausgedrückt: die deutschen Steuerzahler und Bürger finanzieren durch hohe Abgaben und Verzicht auf staatliche Leistungen die Schulden der hoch verschuldeten Eurostaaten. Denn nur deshalb erhalten diese weiterhin Kredite weit unter dem eigentlich angemessenen Zinsniveau.

Nun sollen neben den Subventionen im Billionen-Euro-Bereich über die Nullzinspolitik, die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank und der faktisch zinslosen Kreditierung über die sogenannten TARGET-2-Salden auch noch direkte Zahlungen über den EU-Haushalt in die klammen Staaten fließen. 500 Milliarden Euro sind im Gespräch. Natürlich besichert durch Deutschland (und einige andere solide, aber kleinere Eurozonen-Staaten). Wir müssen uns darauf einstellen, dass Deutschland am Ende nicht nur seinen rechnerischen Anteil von mind. 100 Milliarden Euro, sondern fast alles zahlen muss.

Als Begründung wird angeführt, dass Deutschland solidarisch sein muss mit den „armen“ Staaten der Eurozone. Kein Wort wird verschwendet für die Feststellung, dass die Bürger dieser „armen“ Staaten oftmals wesentlich geringere Steuern zahlen als die Deutschen und daher deren Privatvermögen höher ist als das der Deutschen – im Durchschnitt!

Wäre es da nicht klüger, der Bundestag würde den Bürgern über einen zeitweisen Verzicht auf die Lohn- und Einkommensteuer einen privaten Vermögensaufbau zu ermöglichen? 2019 erzielten der Bund, die Länder und die Kommunen 284 Milliarden Euro Einnahmen durch die Lohn- und Einkommensteuer. Wenn die Bürger ein Jahr lang diese Steuern nicht zahlen müssen, würde dies auch die Konjunktur ankurbeln.

Natürlich würde unser Verschuldungsgrad steigen. Damit würden wir aber nur mit den anderen gleichziehen. Und weg wäre das Argument, der reiche Onkel aus dem Norden soll mal bitte zahlen.

Klar: diese Schulden wären letztlich unseriös. Aber die Schulden der anderen Staaten sind es auch, nur dass bei dem derzeitigen Verfahren die Deutschen zahlen, aber das Geld in fremden Hosentaschen landet. „Zum Wohle des deutschen Volkes“ heißt es auf dem Gebäude des Bundestages …

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